Schulgeschichte(n)

In loser Reihenfolge finden Sie hier immer wieder neue, kurze, lustige, historische und/oder interessante Geschichtchen über das St. Augustin… lassen Sie sich überraschen!

Dem Festival der Reformation sei Dank!

Am 30.8.2015 läutete nach Jahrzehnten der Verstummtheit pünktlich 10.30 Uhr die Glocke der Klosterkirche. Endlich konnte sie wieder ertönen und alte Grimmaer erinnerten sich sicher daran, dass ihr Glockenklang regelmäßig durchs Muldental hallte.

Diese Glocke hat eine lange Geschichte. 1491 wurde sie gegossen und im Dachreiter der Klosterkirche postiert. 1550 wird das Augustinerkloster einschließlich Kirche als dritte Fürstenschule Sachsens eingeweiht. Die Kirche diente als Schul- und Amtskirche. Die Glocke begleitete die Ereignisse bis ins 20. Jahrhundert. Sie wurde nach dem 1. Weltkrieg nicht mehr zu kirchlichen Zwecken geläutet und so griff Rektor Fraustadt auf das ungenutzte Schuleigentum zurück. Die Glocke wurde auf dem Schuldach in der Mitte des Ostflügels installiert. Sie ertönte erstmalig zum Schulfest am 14.9.1925. Zwei „Läuter“ (Schülerdienst) setzten sie mit einem Seil in Bewegung. Das Ritual wurde am 8.2.1952 abgeschafft und durch die elektrische Pausenklingel ersetzt. In den folgenden Jahren blieb die Glocke ungenutzt. Zwischen 1974 und 1976 baute man die Glocke ab, da in der ehemaligen erweiterten Oberschule Dacharbeiten durchgeführt wurden, kam sie ins Stadtarchiv. 1989 erfolgte eine Übergabe an das Kreismuseum, dort blieb sie bis 1993.

Nach vielen Jahren des Zerfalls und etlichen Rettungsversuchen begann 1989/90 die teilweise Rekonstruktion der Klosterkirche. 1993 erfolgte die Eindeckung des Daches und die alte Augustiner-Glocke wurde in den Dachreiter gehängt. Aber auch in den folgenden Jahren blieb sie stumm und geriet in Vergessenheit. In einem Zeitungsartikel der LVZ stand zu lesen, der Glocke fehle der Klöppel. Recherchen unseres Archivs im Jahre 2014 haben ergeben, dass nach dem Hochwasser 2002 eine Läuteprobe stattgefunden hatte, mit dem Ergebnis des einwandfreien Funktionierens der Glocke. Um letzte Zweifel über den Verbleib der Glocke samt Klöppel auszuräumen, wurden im Februar 2014 von einem trainierten Lehrer Aufnahmen der Glocke mit Klöppel gemacht.

Soll diese wertvolle Glocke lautlos im Dachreiter der Klosterkirche hängen?

Der Anfang wurde am 30.8.2015 gemacht!

                                                                                                             M. Bloi

Der Grimmaer Notenschatz

Am 14. September 1350 wurde die Grimmaer Fürstenschule eröffnet. Eine reichliche Woche später erreichte den kurfürstlichen Rat von Comerstadt der Hilferuf des Schulverwalters: „Gesangk Bucher…mangeln uns alhie“. Der Auftrag der Landesschule, die Ausbildung von Pfarrern zu befördern und vierzehntäglich den Hauptgottesdienst der Stadt zu gestalten, verlangte nach ausreichend Notenmaterial. Man darf also annehmen, dass der Schulträger kurzfristig Notwendiges zur Verfügung stellte. Damit aber war das Problem nicht gelöst. Der Fundus der Musikalien bedurfte ständiger Erweiterung. Dem diente künftig ein Teil der Gelder für die Schulbibliothek. Im Ernstfall verwendete man sogar Mittel, die eigentlich für mathematische Fachliteratur vorgesehen waren. In den relativ ruhigen Jahrzehnten bis zum Dreißigjährigen Krieg wurden so zahlreiche Notendrucke erworben. Eine weitere Quelle für die Kirchenmusik der Schule waren die Eigenkompositionen der Kantoren. Da der für die Kirchenmusik Verantwortliche aber als vierter Lehrer der Schule (Quartus) auch zu anderem Unterricht verpflichtet war (J. S. Bach wurde in Leipzig von diesem befreit), blieb seine Zeit beschränkt. Mit dem Aufstieg in der Lehrerhierarchie zum Tertius, gab er zudem das Kantorenamt auf und war für die Kirchenmusik verloren. Deswegen und weil nach dem Großen Krieg weder genug Geld noch ausreichend Drucke zur Verfügung standen, griff man zu einer einfachen Methode: Man schrieb die Noten ab. So nutze z.B. Kantor Reichard (18. Jh.) die Musikalien seines Vaters, des Hofkapellmeisters in Schleiz. Als Vorlagen dienten auch Notensammlungen in Leipzig (Thomaskantorei) und vor allem in Dresden. Die Schule wurde ja vom Oberkonsistorium in Dresden beaufsichtigt. Deswegen waren Kontakte zum Fundus der Dresdener Hofmusikalien naheliegend. Die Bedeutung der Grimmaer Sammlung vergrößerte sich paradoxerweise durch eine kulturelle Katastrophe, die die Residenzstadt Dresden im Siebenjährigen Krieg traf. Im Sommer 1760 belagerten die Preußen Dresden und versuchten, die Stadt einzunehmen. Das misslang, aber große Teile des Zentrums wurden zerstört: 416 Häuser „lagen in Asche“, fünf Kirchen – darunter die Kreuzkirche — brachen zusammen. Nur die Frauenkirche widerstand: „Wirkungslos prallten die Bomben an diesem steinernen Dome ab…“. Zu den total zerstörten Gebäuden gehörte auch das Prinzenpalais, und mit ihm verbrannte der wertvolle Bestand der Noten der Hofkapelle. Vieles aus diesem Fundus kennen wir heute nur deswegen, weil es vor dem Brand für die Fürstenschule Grimma abgeschrieben worden war. So gilt z. B. der Grimmaer Bestand an evangelischer Kirchenmusik vom Ende des 17. und Anfang des 18. Jhs. nach den Sammlungen in Uppsala und Berlin als drittgrößter in der Welt. Daran haben die Kantoren der Fürstenschule den entscheidenden Anteil: Sie komponierten, sammelten, kauften, kopierten, und sie registrierten und archivierten schließlich nicht mehr täglich Benutztes. Dass sie nicht makulierten, also – wie häufig anderswo geschehen – Altes vernichten, zeugt von Weitsicht und Verantwortungsgefühl.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstärkten sich die Bemühungen kulturhistorisch Interessierter um Rettung und sichere Aufbewahrung von Kulturgütern. Das sächsische Kultusministerium forderte schließlich Kirchen- und Schulbibliotheken auf, die ältesten, am meisten gefährdeten Musikalien an die königliche Bibliothek zu geben. So gelangten die Bestände der Fürstenschule aus dem 16. und beginnenden 17. Jh. 1887 nach Dresden. Das andere, vor allem die wertvolle Sammlung des 17. und 18. Jhs., blieb in Grimma. Dieser Teil der Musikalien kam, so die Musikwissenschaftlerin Dr. Andrea Hartmann, 1961/62 und 1967 an die Landesbibliothek.

Der Gesamtbestand aus der ehemaligen Fürstenschule Grimma, heute aufbewahrt in der Sächsischen Landesbibliothek (SLUB), wurde neu bearbeitet. Das Verzeichnis befindet sich im Archiv der Fürstenschülerstiftung als 700 Seiten umfassender Katalog. Im Archiv können auch verschiedene Einspielungen mit Musik aus der Sammlung der Grimmaer Fürstenschule ausgeliehen werden.

V. Beyrich

Die unendliche Geschichte der Aula

Betritt man als Besucher die nach einjähriger Planungs- und Bauzeit rekonstruierte Aula, zeigt sich dem Auge des Betrachters ein „zeitgemäßer“ Festsaal, der mit vielen technischen Neuerungen ausgestattet ist. Wände und Strukturdecke erhielten einen hellen grauen Anstrich. Das Parkett wurde neu verlegt und die Bühne entspricht den heutigen technischen Anforderungen, was Licht- und Lautsprecheranlage betrifft. Der Vorhang lässt sich automatisch öffnen und die fünf Meter hohen Fenster mit ihrem bunten Bleiglas kommen jetzt ohne die hässlichen schwarzen Vorhänge viel intensiver zur Geltung. Mit „erheblichem finanziellen Aufwand“ wurde die Sanierung der Aula vom Augustiner Verein e.V. veranlasst und durchgeführt. Sicher wird es auch jetzt Stimmen geben, die sich lieber die Aula im „alten Gewande“ gewünscht hätten.

Als 1891 das heutige Schulgebäude von König Albert eingeweiht wurde, entsprach die Ausstattung der Aula dem Gesamtkonzept des Neorenaissancebaus. Besonders beeindruckend gestaltet waren die Stuckdecke und die scheinbare Holzverkleidung an den Wänden, die ebenfalls nur Stuck war. Die ausgesparten Wandflächen zierten Gemälde. Zur Ausstattung der Aula gehörten außerdem prächtige Kronleuchter und verschiedene Statuen.

Im Laufe der Jahrzehnte gab es immer wieder Veränderungen, so 1925 den Einbau der Bühne.

Die gravierendsten Veränderungen erfuhr die Aula 1938 und 1957-1961. Unter Rektor Bartko erfolgte die Umfunktionierung der Aula zum „Festsaal“ nationalsozialistischer Prägung. Die Gemälde mit christlichem Charakter verdeckte ein Fahnentuch mit Hakenkreuz, die griechischen Statuen wurden auf den Boden verbannt.

Nach dem Krieg begann mit der Neuordnung des Schulsystems auch die schrittweise „Säuberung“ der Schule von allen Zeugnissen, die an Vergangenheit und Tradition erinnern. Dazu gehörten die Beseitigung der Statuen von Moritz und Albert im Schulhof und des Schulmottos „Pietati Virtuti Doctrinae“ am Eingangsportal. Dieser Linie folgte der komplette Umbau der Aula. Generationen von Schülern und Lehrern kennen die Aula nur in dieser veränderten Form. Anlass für den endgültigen Bruch mit der Tradition war ein Stück Stuck, das sich von der Decke gelöst hatte. Deshalb wurde die Aula 1957 baupolizeilich gesperrt. Nun stand die Frage: Wiederherstellung oder Modernisierung? Da die Schule nicht als Kulturdenkmal erfasst war, äußerte sich das Institut für Denkmalpflege Dresden sehr unkonkret. Sie schrieben u.a. “Wenn es nicht verantwortet werden kann, bei der Höhe der Summe eine Wiederherstellung vorzunehmen, so wäre es wohl notwendig, die Decke abzutragen und glatt wiederherzustellen. Schwieriger ist die Frage nach der Erhaltung des falschen Holzwerks in Stuck. Auch hier könnte ohne Bedenken zu einer radikalen Lösung geschritten werden.“

1958 erfolgten erste Besprechungen, es zeigte sich sehr deutlich, dass nie ernsthaft eine Instandsetzung der Decke in Erwägung gezogen wurde. Vor dem Hintergrund aktuell-politischer Diskussionen zur sozialistischen Erziehung an den Schulen positionierten sich die Lehrer und der Elternbeirat eindeutig. Ergebnis der Diskussionen war folgende Forderung: „Kopf frei von jeglichem Moder der Vergangenheit“.

Am 18.3.1961 wurde die „neue“ Aula im Stil der 60er Jahre eingeweiht. In den folgenden fünfzig Jahren erfüllte sie ihren Zweck als Ort von Theateraufführungen, Konzerten, Abiturfeiern, aber auch als Ausweichobjekt für den Schulsport.

1990 befand sich die Aula in einem denkbar schlechten Zustand und nach der Neuorientierung der Schule stand erneut die Umgestaltung der Aula zur Diskussion. 1999 fasste der Technische Ausschuss (Grimmaer Stadträte) einen richtungsweisenden Beschluss: „Der Saal wird nicht in historischer Form wiederhergestellt, sondern zeitgemäß gestaltet.“ Ein Zeitplan für die Sanierung lag nicht vor, auch ob, wann und in welcher Höhe Geld zur Verfügung stehen wird, blieb offen. In den folgenden Jahren wurden notwendige Reparaturen und kleine „Schönheitskuren“ durchgeführt. Erst jetzt kann wirklich von einer Sanierung der Aula gesprochen werden, die nun tatsächlich „zeitgemäß“ ist.

Ein besonderer Dank gebührt deshalb dem Augustiner-Verein e.V.

M. Bloi

Alle Bildrechte liegen beim Augustiner-Verein e. V.